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25

Jun 2015

#1 Facettenreiche Schweiz

Dörflischweiz oder Burgenschweiz? Nationale Mythen und Identifikationsobjekte 1900

Schloss Holligen, Bern

Nationale Informationsstelle zum Kulturerbe (NIKE)

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Schweiz, konfrontiert mit einem enormen Industrialisierungs- und Urbanisierungsschub, in zwei kontrastierenden idealen Gegenbildern gefasst: als Dörfli und als Burg.

Das Dörfli (village suisse) kondensiert den alten helvetischen Berg-, Bauern- und Hirtenmythos. Es wird seit dem 19. Jahrhundert im Lied, in der Malerei, in der Literatur und an Welt- und Landesausstellungen als das Schweizerische par excellence inszeniert und wirkt national identitätsstiftend. Schweizerstil (style chalet suisse vor 1900) und Heimatstil (Reformarchitektur nach 1900) geben die architektonische Folie dafür ab. Gleichzeitig rücken Burgen als geschichtliche Zeugnisse einzelner Bauherren in den öffentlichen Blickpunkt. Das zeigt sich in den Wiederaufbauten und Restaurierungen, wo sich wohlhabende Bürger und Adelige, aber auch Kantone (zum Beispiel die Waadt) profilierten und Heimatgeschichte schaffen. Sie bleiben aber individuelle Einzelschöpfungen, sind über ihre Initianten mit der Burgenrenaissance international vernetzt und nicht typisch schweizerisch. Das erklärt sich aus der Geschichte der Schweiz, die sich in ihrem Selbstbild im 19. Jahrhundert republikanisch darstellt

So unterschiedlich die beiden Bilder Dörfli und Burg sind – in beiden sollte sich Heimat ausdrücken. Wo liegen die Nuancen in der Wahrnehmung der Schweiz als Land der Dörfer oder Burgen? Und inwiefern könnten diese heute noch Schweizerisches repräsentieren?

Denkschau

Key Messages aus der Veranstaltung

#1 Facettenreiche Schweiz

Dörfli und Burg gelten als Träger von Heimat. Die Schweiz, die sie repräsentieren, gibt es aber nicht und gab es nie.

25. Juni 2015

Dörfli und Burg gelten als Träger von Heimat. Die Schweiz, die sie repräsentieren, gibt es aber nicht und gab es nie.

25. Juni 2015


#1 Facettenreiche Schweiz

Dörflischweiz oder Burgenschweiz? Nationale Mythen und Identifikationsobjekte 1900

Aus: Vortrag von Elisabeth Crettaz-Stürzel, Kunsthistorikerin

Um 1900 etablieren sich zwei architektonische Phänomene als Inbegriff der Schweiz: Das Dörfli zum einen, die Burg zum anderen. Beide haben in verschiedener Hinsicht wenig Schweizerisches an sich, so die Kunsthistorikerin Elisabeth Crettaz-Stürzel in ihrem Vortrag. Mit Humor zeigte die Historikerin auf, wie die Figuren Schloss, des Alpendorf, Kuh und Berg zum Idealbild einer Spielart der Schweizer Identität erhoben wurden. Dabei konzentrierte sie sich auf die idealisierten und kontrastierenden Bilder des Schweizer Dorfes und des Schlosses und legtedar, wie diese zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Einheit dargestellt und mystifiziert wurden, die nirgendwo zu finden war – eine Realität, die weit entfernt von den konfessionellen und sprachlichen Gräben war, die das Land durchzogen.

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